Nach dem Musikstudium in Dublin und diversen Theater- und Filmproduktionen konzentriert sich der Musiker Jan Henrik Rau nun auf sein Duo „Jan & Jannike“ und unterrichtet mit Herzblut Gitarre und Songwriting in Basel.

Es ist 05:32 an einem noch sehr dunklen Donnerstagmorgen. Ich bin gerade aufgestanden und bereits hochmotiviert (gähn). Normalerweise ist es noch nicht ganz meine Zeit aufzustehen, aber in den letzten Wochen kommt es mitunter öfter vor, dass ich so früh unterwegs bin und mich eine Idee aus dem Bett treibt.
Aber „first things first“, hallo erstmal, mein Name ist Jan und ich bin Musiker. Ich möchte diesen Blog dazu nutzen, etwas Licht ins Dunkel zu bringen und euch einen kleinen Einblick in das Alltagsleben eines Musikschaffenden zu geben.


„Ich bin Musiker“ – Was denken wohl die meisten Leute, wenn sie diesen Satz hören? Vermutlich stellen sich manche vor, dass man ab und zu mal die Gitarre in die Hand nimmt und dann auf fast magische Art und Weise und bei den richtigen Sternenkostellationen und optimaler Schumann-Frequenz göttliche Ideen aus dem Äther übersetzt und dabei lediglich als Übermittler, oder Gefäß dient. Eine schöne Vorstellung und kommt sicherlich auch ab und zu mal vor. Wieder andere denken vielleicht, man schlafe einfach lange und gehe spät ins Bett und alles dazwischen ist irgendwie verschwommen und sowieso kein „vernünftiger“ Beruf. Das waren eben noch Zeiten, als man noch wusste, was hinter jedem Beruf steckte, ist aber ein Relikt aus längst vergangenen Tagen. In den letzten 10-20 Jahren ist die Geschwindigkeit und Komplexität der Arbeitswelt gefühlt extrem gestiegen. Ob das jetzt gut, oder schlecht ist, sei dahingestellt. Auf jeden Fall gibt es ein großes Spektrum an Tätigkeiten und Einsatzbereichen hinter nahezu jedem Berufsfeld. Auch bei jedem/jeder Musiker*in kann das ganz unterschiedlich aussehen.


Ein Tätigkeitsbereich, dem ich mich widme, ist – ihr ahnt es!- das Unterrichten, also die Weitergabe meines mehr oder weniger vorhandenen Wissen zu dem, was ihr gerne auf der Gitarre, oder sonst in der Musik lernen möchtet, oder noch gar nicht wisst, dass ihr es lernen möchtet. Unterrichten begleitet mich bereits mein halbes Leben. Meine ersten Schüler*innen hatte ich, als ich selbst noch nicht volljährig war und unterrichtete damals schon im Haus meiner Eltern und seitdem in unterschiedlichem Umfang durchgehend. Das sind immerhin schon über 15 Jahre, wenn ich so zurückblicke. Aber Unterrichten ist für mich nur ein Teil des Ganzen. Ich begrenze meine Unterrichtszeit auf zwei, aber maximal drei Tage pro Woche. Sonst müsste dieser Blog ja korrekterweise „Tagebuch eines Musiklehrers“ heißen…


Was mache ich also den Rest der Zeit? Tee trinken und Däumchen drehen? – Nicht ganz! Ein weiteres Feld, welches für mich zentrale Bedeutung einnimmt, ist das Komponieren. Das klingt jetzt wieder nach so einem großen Wort, aber heißt für mich einfach sich Zeit für sein Instrument zu nehmen, ohne dabei ein Repertoire zu üben und einfach neue Ideen zu entwickeln, oder auch weg vom Instrument Texte zu schreiben. Da man die Kreativität nur zu einem gewissen Maße zeitlich planen kann, hat sich für mich bewährt, jede Idee, die ich habe, sofort auf Video aufzunehmen.
Jahrelang habe ich sie nur als Audiodatei abgespeichert, was sich aber als mühsam herausstellt, wenn man eine ältere Idee genau reproduzieren möchte. Beim Komponieren unterscheide ich grob zwischen der Musik, die ich für mich und meine musikalischen Projekte (z.B. Jan & Jannike) schreibe und zwischen der, die dafür nicht geeignet, aber dennoch irgendwie cool ist.
In der Vergangenheit habe ich nach meinem Studium in Dublin für manche Theaterproduktionen komponiert. Außerdem habe ich das große Glück, dass meine Frau Jannike (welche übrigens auch bei Instrumentor Klavier und Gesang unterrichtet) ebenfalls Musikerin ist und wir viel zusammen schreiben und spielen. Gemeinsam haben wir schon die Musik für einen irischen Kurzfilm geschrieben und arbeiten momentan als freie Komponisten für eine App.


Live! Da war doch was?!
Manche können sich vielleicht noch an die Zeit erinnern, in der es noch möglich war, auf ein Konzert zu gehen und Musik live zu erleben. Ach ja, diese wundervolle precoroniale Zeit! Tatsächlich ist es so, dass die Musikindustrie sich in den letzten Jahrzehnten ziemlich zum Nachteil professioneller Musiker*innen entwickelt hat. Unsere Produkte, also unsere Musik sind jederzeit und so gut wie kostenlos verfügbar und die 0,000000… € pro Stream kann die Miete eines Newcomers auch nicht finanzieren. Nun ja, so ist es und wir müssen damit umgehen lernen. Vielleicht gibt es auch Vorteile, da man potenziell eine große Menge an Menschen erreichen kann. Bei den knapp 40.000 Songs, die täglich veröffentlicht werden, bleibt es allerdings auch bei „potenziell“.
Daher ist das Livegeschäft die Haupteinnahmequelle von konzertierenden Musiker*innen geworden. So war es bis zur Pandemie auch bei mir und Konzerte waren mein größter Tätigkeitsbereich, egal ob Konzerte mit der eigenen Musik, auf Hochzeiten und Trauungen, in Hotels, in Bars, in Clubs, in alten Klöstern, in Wohnzimmern etc.. Das Problem ist, dass man ja trotzdem in Form bleiben muss, falls es dann irgendwann mal wieder losgeht. Das heißt regelmäßiges Proben ist angesagt und das Arrangieren neuer Songs im Bandkontext. Das nimmt natürlich auch einiges an Zeit in Anspruch, die meist erst mit dem Auftritt finanziell vergütet wird. Von bei mir 155 geplanten Konzerten in 2020 konnten nur 47 stattfinden. Da verdampft die Mühe der ganzen Vorarbeit natürlich ohne Kompensation.

Rein in die Dose!
Die sich verändernde Musikwelt führt auch dazu, dass es in vielen Fällen nicht mehr reicht, bloß Musiker zu sein. Es ist am besten, sich nicht darauf zu verlassen, dass man allein durch das Beherrschen des Instruments eine große Karriere vor sich hat, zumindest nicht mit eigenen Projekten ohne großes Label. Heute muss man der 360-Grad Musiker sein und dazu gehört neben dem Schreiben, Komponieren und Arrangieren von Musik auch das Aufnehmen und Produzieren am Computer.
So verbringe ich momentan viel Zeit damit, Schlagzeugspuren zu programmieren, Percussion und verschiedene Gitarren einzuspielen und Gesang aufzunehmen. Gerade testen wir mit Jan & Jannike verschiedenste Mikrofone und Vorverstärker, um das für unsere Zwecke beste und passendste herauzusuchen. Mikrofon, Preamp, Interface und dann kann der Spaß schon losgehen. Was man heute in den eigenen vier Wänden an Qualität produzieren kann, wäre früher undenkbar gewesen. So hat die Digitalisierung eben auch ihre guten Seiten. Dafür hat sich unser Tätigkeitsbereich auch noch gleich auf ein eigenes Arbeitsfeld erweitert, nämlich auf das des Tontechnikers. Tatsächlich spare ich gerade, um noch ein Tontechnikstudium absolvieren zu können, um die 360-Grad auch wirklich voll auszufüllen, denn dann hat man von der Entstehung einer Idee bis zum fertigen Stück auf CD, oder bei Spotify alles selbst in der Hand und ist unabhängig.


Zu guter Letzt wären da natürlich noch Videoproduktion, Fotoshootings, Socialmedia-Management, Promotion, Konzertbooking, Internetpräsenz und -ach ja ÜBEN aber dazu vielleicht ein anderes
Mal mehr…


PS: Jetzt ist es übrigens 06:37

http://www.instrumentor.ch

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