Ich denke, wir können uns einig sein, dass zwar nicht alle dieselben Ziele für ihren Erfolg haben, aber alle es als Erfolg werten, ihre Ziele zu erreichen. Und dass wir alle (mehr oder weniger heimlich) auf Erfolge stehen. Das kann jede und jeder zum eigenen Vorteil ausnutzen: Weil Erfolg süchtig macht, ist er ein hervorragender Motivator, um alle möglichen Dinge anzupacken und zu Ende zu führen. Fehlender Erfolg kann dir im Gegenzug das Leben ganz schön schwer machen. Erfolglosigkeit zu vermeiden, kann einem auch ganz schön Dampf unterm Hintern machen.
TL;DR: Die erfolgreichen unter uns sind diejenigen mit einem angemessenen Erfolgs-Management. Einerseits, weil sie fortwährend Erfolge verbuchen können, und andererseits, weil auf ihrer konstanten Erfolgswelle auch die Motivation nie vom Brett fällt. Wer es versteht, sich die richtigen Erfolge zu verschaffen, wird zum Machertyp.
Vergiss dein Erbmaterial, deine Vergangenheit, dein fehlendes Talent und wovon du sonst noch denkst, dass es dir im Leben gigantische Steine in den Weg legt: Alles steht und fällt mit deinen Zielen – und für die bist du allein zuständig. Darum: Um mit deiner Musik erfolgreich zu sein, reicht es, dir angemessene Ziele ins Auge zu fassen. Und, wer weiss, vielleicht erfüllst du dir so eines Tages den Traum, der ganz am Anfang stand und überhaupt erst veranlasste, dass du angefangen hast, gewisse Erfolge anzustreben.
Jetzt war schon zweimal die Rede von „angemessen“, das scheint also etwas Wichtiges zu sein. Es ist nicht möglich zu sagen, Ziele seien „richtig“ oder „falsch“, und es ist ebenso schwer zu begründen, dass Ziele „gut“ oder „schlecht“ seien (jenseits davon vielleicht, ob sie einem ein gutes oder schlechtes Lebensgefühl vermitteln). Ziele sind individuell, und deshalb funktionieren so absolute Kategorien wie die obigen einfach nicht. In der „Angemessenheit“ von Zielen zu denken, berücksichtigt, dass Ziele aus dem Kontext entspringen – nämlich dem persönlichen Kontext (was sind deine Stärken oder Schwächen, was ist dir wichtig im Leben, etc.) und einem, sagen wir, faktischen Kontext (welche Ressourcen stehen dir zur Verfügung). Angemessene Ziele berücksichtigen den Kontext und beschreiben daher solche Ziele, die du nicht nur erreichen kannst, sondern auch erreichen willst.
Die Kunst ist also die Wahl deiner Ziele. Unsorgfältig gewählte Ziele rächen sich früher oder später, darum solltest du diese Aufgabe nicht unterschätzen. Gleichzeitig ist es überhaupt keine leichte Aufgabe (erinnere dich: du musst dich selber verdammt gut einschätzen, allein daran scheitert schon das Gros), darum darfst du dir ruhig viel Zeit nehmen. Darüber hinaus, wie gut ein Ziel sich in deinen individuellen Kontext einfügt, gibt es ein paar allgemeine Merkmale, die geeigneten Zielen gemein sind.
Wer Erfahrungen im Projekt-Management hat, kennt in diesem Zusammenhang das Akronym S.M.A.R.T. schon längst. Ich werde gleich erklären, wofür die einzelnen Buchstaben stehen – aber vorher möchte ich eine Faustregel platzieren, die über dem SMART-Trick steht und mir persönlich extrem gut gefällt:
Bewerte deine Ziele nicht danach, wie sie die Zukunft beeinflussen können, sondern wie sie bereits in der Gegenwart Einfluss ausüben.
Anders gesagt: Wenn du nicht schon dabei bist, dein Ziel umzusetzen, ist es für dich/für den Moment ein schlechtes Ziel. Gute Ziele lassen dich nicht mehr ruhen, bis sie erreicht sind.
Jetzt aber zurück zu SMART. Jeder Buchstabe beschreibt eine Eigenschaft desselben Ziels. Erfüllt dein Ziel alle fünf Voraussetzungen, ist es SMART. Erfüllt dein Ziel nur vier davon, ist es SMRT oder SART oder SMAT oder SMAR, mit dreien ist es SAT oder SRT – ich muss das jetzt bestimmt nicht noch weiter ausführen. Jedenfalls: Je vollständiger das Wort, desto geeigneter als Ziel ist das Ziel. Und hierfür stehen die magischen Lettern:
S – Specific
M – Measurable
A – Attainable
R – Relevant
T – Time-bound
Wie das Wort „smart“ selber sind das unverkennbar englische Worte, die übersetzt und erklärt etwa das hier bedeuten:
Specific: Das Ziel muss spezifisch sein. „Ich habe mehr Auftritte“ ist jetzt also nicht so spezifisch. Spezifischer ist da schon so etwas wie „Ich habe mehr Konzerte als im Vorjahr“, aber warum nicht gleich mit einer Zahl arbeiten: „Ich spiele 40 Konzerte“.
Measurable: Das Ziel muss messbar sein. „Ich kann Klavier spielen “ zum Beispiel: Wie soll das denn messbar sein? Eben. Wie wärs stattdessen mit „Ich kann für Elise spielen“?
Attainable: Das Ziel muss erreichbar sein. „Ich mache 2 Stunden Atemübungen, bevor ich Intervalle übe“ ist ein Ziel, dem eine kurze Lebenszeit garantiert ist, wenn nicht dein eigenes Leben davon abhängt. Extreme Ziele sind gut zum Erzählen, aber schlimm zum Einhalten. Niemand verbietet dir, deine Ziele im Laufe der Zeit höher zu stecken, aber fang doch mal bei 2 Minuten an.
Relevant: Das Ziel muss relevant sein. „Ich schaffe 30 Tappings in 10 Sekunden“ ist für einen klassischen Konzertgitarristen nicht im Kern seiner Herausforderungen. Relevant sind solche Ziele, mit denen notwendige Schritte hin zu einem übergeordneten Ziel gemacht werden.
Time-bound: Das Ziel muss zu einem bestimmten Zeitpunkt erreicht worden sein. Natürlich kannst du dir ein Ziel festlegen, dessen Deadline auf deinem Sterbebett ist – aber erstens ist das ein äusserst unsicheres Datum, und zweitens würde ich dir in dem Fall empfehlen, dir einen Haufen Sub-Ziele zuzutun, die du vorher erreichst. Wenn du dir vornimmst, im Jahr 2015 mindestens an fünf Festivals zu spielen, dann ist der zeitliche Rahmen sehr klar definiert.
Hast du bemerkt, wie ich die Beispiele in der Gegenwartsform und nicht in der Zukunftsform formuliert habe? Das ist zum einen, weil die Ziele nicht erst deine Zukunft prägen sollen und zum anderen, weil das Ziel ja irgendwann erreicht worden sein soll (Stichwort „time-bound“) – in dem Moment ist das ja der gegenwärtige Zustand.
Um die Wissenschaft um das Thema „Zielsetzung“ herum noch etwas dicker zu ziehen, könntest du dir auch noch überlegen, ob es eine Rolle spielt, dass die Ziele leicht oder eher schwer zu erreichen sind, solange sie alle SMART sind. Die Lektüre dazu (etwa hier oder hier oder hier) ist eindeutig der Meinung, dass die Befriedigung bei komplexeren Zielen höher sei und darum auch das Erfolgserlebnis und die daraus generierte Motivation fürs nächste Ziel. Allerdings gibt es eine besondere Situation, nämlich beim allerallerersten Ziel. Nichts ist befriedigender als ein glatter Einstieg, darum ist ein leicht erreichbares Ziel zum warm werden besonders gut geeignet. Und wenn du aus dem Üben überhaupt noch zuerst eine Angewohnheit machen musst (ähem, „willst“), empfehle ich dir diese klitzekleine Lektüre. Wenn du gerne noch ein paar weitere Ideen dazu hättest, wie solche Ziele aussehen könnten, lies doch hier. Und lass dich nicht davon irritieren, dass es im Artikel um Kinder geht – wenn es um Ausreden geht, sind wir doch alle gleich.
Zum Schluss noch dieser praktische Tipp: Schreib dir deine Ziele auf und platziere sie an Stellen, wo du oft dran vorbeikommst. Allein der Vorgang des Schreibens wird das Ziel noch stärker in dein Bewusstsein prägen, mit einer schönen Aufmachung verzierst du deine Bude gleich noch etwas, und das geschriebene Wort ist im Gegensatz zum Gedanken ein Fakt, mit dem du bei jeder Begegnung konfrontiert wirst. Ich, zum Beispiel, kann momentan meine Küche nicht mehr betreten oder verlassen, ohne alle Songs zu sehen, an denen ich noch arbeiten muss. Zugegeben, das sind gemäss dem Gesagten keine Ziele, aber seit ich sie notiert habe, gabs keinen Tag, an dem ich mich nicht bewusst mit meinem Material befasst habe. Alternativ eignen sich der Kühlschrank, der Badezimmerspiegel, der Kleiderschrank oder die Kaffeedose – wobei letzteres in meinem Fall nirgends hinführte, weil ich morgens kaum die Kaffeedose erkenne, geschweige denn eine Notiz darauf lesen könnte.
Titelbild: Ryan McGuire via http://www.imcreator.com/free/the-endless-road
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